das richtige Dämpfersetup finden - Bilstein B16 und B6 Adjustable, ZF Sachs Performance, Öhlins Road & Track, KW V3 usw.

  • Weil ab und zu gefragt wird wie die Dämpfer bei Bilstein B16 oder Sachs Performance einge-
    stellt werden und ich im Sachs-Thread versprochen hatte zu diesem Thema einen eigenen
    Thread zu eröffnen will ich das endlich mal tun und stelle hier eine brauchbare Vorgehens-
    weise vor.



    Vorweg ein Tipp für alle, die es genauer wissen wollen:


    Jungs, wenn ihr unsicher seid wie ihr die Dämpfung einstellen sollt, dann lest mal das Buch
    "Fahrdynamik in Perfektion" von Wolfgang Weber. Das beschreibt das gesamte Fahrwerks-
    thema am besten und vor allem von allen Fachbüchern für den Laien am verständlichsten.
    WW geht auch ausführlich auf getrennt in Zug und Druck einstellbare Fahrwerke ein.
    Das tue ich hier vorerst nicht, sondern ich beschränke mich vorerst auf kombiniert in Zug-
    und Druckstufe einstellbare Gewindefahrwerke wie das Bilstein B16 PSS10 und das Sachs
    Performance sowie das Öhlins Road & Track.


    Für mich war der Punkt, dass mittlerweile in der Dämpfkraft einstellbare Fahrwerke wie das
    Bilstein B16, KW Variante 2 und 3, Sachs Performance oder auch das exklusivere Öhlins Road
    & Track eine gewisse Verbreitung finden. Insbesondere KW und Bilstein sind schon lange keine
    Nischenprodukte mehr.
    Gleichzeitig ist aber die Verwirrung bei der überwiegenden Mehrheit der Besitzer dieser Fahr-
    werke sehr groß, wie man ja auch in diesem Forum öfter liest.


    Dabei ist es gar keine Frage, dass nicht jeder das "Optimum" (was auch immer das ist) rausholen
    wird. Wer das will muss sich entweder ein paar Jahre mit der Materie beschäftigen oder zu
    Raeder Motorsport, Wolfgang Weber oder Horst Boes etc. gehen.


    Trotzdem ist es immer noch weitaus besser sich ein wenig mit dem Dämpfer-Setup zu beschäfti-
    gen und sich dabei vielleicht von erfahreneren Usern helfen zu lassen als einfach nur pauschal
    rundum auf die Mitte bei "5 Klicks" (Bilstein) bzw. "10 Klicks" (Sachs) zu stellen wie es bisher nach
    meiner Erfahrung die Allermeisten tun. Das ist meist ein Fehler, siehe Punkt 7..




    Wie geht es rein technisch/handwerklich?



    Halb so schlimm wenn man es mal gemacht hat, jedenfalls bei Sachs, Bilstein und Öhlins.
    Man braucht kein Werkzeug und kommt ganz ohne Hebebühne und Wagenheber an die großen
    Einstellknöpfe. Man sie ertasten wenn man erst mal halbwegs weiß wo sie sitzen. Noch besser,
    ihr guckt euch das einmal im angehobenen Zustand an, dann wisst ihr hin fassen müsst.


    Bilder sagen bekanntlich mehr als 1000 Worte:


    Bilstein B16 vorne:


    [Blockierte Grafik: http://www.partsmeister.net/ek…-a4-b5-%5B2%5D-3116-p.jpg]


    Bilstein B16 hinten:


    [Blockierte Grafik: http://i1191.photobucket.com/a…0B12/BilsteinB16Pss10.jpg]


    Bei Sachs ist es genauso, nur dass die Knöpfe rot statt blau sind:


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/13922772kd.jpg]


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/13922773aj.jpg]


    Hier sieht man schön die Markierungen (+ ist härter, - ist weicher):


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/13816844ll.jpg]


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/13816734ed.jpg]


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/13816845rq.jpg]


    an der VA:


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/13514765dy.jpg]


    an der HA:


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/13514766nv.jpg]


    Öhlins (M3):


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/13922774nb.jpg]



    Wenn ihr Rechtshänder seit, dann schlagt die Lenkung ganz nach rechts ein. So kommt ihr gut
    an die Einstellrädchen an der VA. Linkshänder dürfen jetzt raten was sie am besten tun sollten.


    :D


    Es empfiehlt sich lediglich eine saubere Unterlage auf den Boden legen oder eine alte Jacke
    anzuziehen, zumindest hinten muss man sich flach legen, vorne geht es bei eingeschlagener
    Lenkung auch auf den Knien.




    Also, wie geht man nun am besten vor?



    1. vorweg: stellt die Dämpfer nicht zu hart ein, sonst wird es a) unnötig unangenehm und b)
    leidet der Bodenkontakt auf schlechten Straßen. Es sollte auch klar sein, dass ihr das Gewinde
    nicht zu tief gedreht haben solltet damit noch genug Federweg bleibt. Denn ohne Federweg
    kein federn, das sollte logisch sein. Haltet euch exakt an die Herstelleranleitung und dreht
    weder tiefer, noch höher als erlaubt (beides ist gefährlich). Siehe Zitat ganz unten.


    2. eigentlich gibt es für die vorhandenen Federn nur eine passende Dämpferabstimmung
    und die ist sowohl für den Komfort als auch die Fahreigenschaften das Optimum. Es gibt da
    vielleicht eine Bandbreite von +-20 %, was man als Geschmackssache bezeichnen kann, aber
    darüber und darunter wird es eben suboptimal (überdämpft oder unterdämpft). Dieses
    Diagramm zeigt das ganz gut:


    [Blockierte Grafik: http://farnorthracing.com/images/damping_definitions.jpg]


    Links Nachschwinger, also Dämpfer zu schwach. In der Mitte überdämpft, Dämpfung zu hart
    und das Rad kann kaum ein- und ausfedern. Rechts sieht man wie es sein soll.


    3. für die Einstellung der Balance zwischen Vorder- und Hinterachse sucht euch unbedingt
    eine passende Teststrecke. Das kann eine (leere) Landstraße mit ausgeprägten langhubigen
    Bodenwellen oder eine Autobahn sein. Evtl. ist auch ein Bahnübergang ok, der sich flott, aber
    gefahrlos überfahren lässt.
    Hierbei kann man feststellen ob beide Achsen ''parallel' durchfedern. Durchfedern klappt na-
    türlich nur wenn ihr nicht auf Anschlag hart gedreht habt, weil sonst gar nichts mehr federt,
    siehe oben. Also tastet euch von unten heran, von der weicheren Einstellung her.


    4. Ein-Klick-Schritte sind nicht immer leicht nachvollziehbar (besonders bei Dämpfern mit 20
    und mehr Stufen, bspw. Sachs). Geht deshalb zunächst in Schritten von zwei oder drei Klicks
    vor. Erst wenn ihr nahe am Optimum seid sollte man in Ein-Klick-Stufen feinjustieren.


    5. spätestens wenn ihr vier oder fünf mal nachgestellt habt habt ihr die Übersicht verloren -
    jede Wette !! Ratet mal woher ich das weiß . . .
    Also macht euch Notizen, schreibt euch von Anfang an auf was ihr wo einstellt. Dann habt
    ihr immer den nötigen Überblick und geratet auch nicht in Gefahr immer härter und härter
    zu stellen.


    6. gewöhnt euch die Denkweise in "-" (Minus) an. "0" ist ganz "zu", also ganz hart (nach rechts,
    also im Uhrzeigersinn). Dann (nach links) wird aufgedreht wie bei einem Wasserhahn und damit
    immer weicher, bis "-10" (bei Bilstein) oder "-20" (bei Sachs). Das hat gute Gründe. Die meisten
    einstellbaren Dämpfer besitzen nur bei "ganz zu", also "0" einen mechanischen Anschlag. Dann
    dürfen sie maximal die 10 bzw. 20 Klicks weicher gestellt werden und niemals weiter !!


    7. Die Dämpfereinstellung muss nicht zwingend vo + hi gleich sein. Das liegt auch daran, dass
    die Fahrwerke ja für verschiedenste Modelle verwendet werden, siehe Gutachten. Oft werden
    auch für unterschiedliche Modelle zwar andere Federn verwendet, aber die gleichen Dämpfer.
    Ein 335i Cabrio ist bspw. hinten deutlich schwerer als ein E90 318i, vorne sowieso.


    8. Deshalb stellt die Balance auf einer geeigneten Teststrecke nach eurem ''Popometer'' ein,
    dann passt es. Ein ausgewogenes Federungsverhalten ist so gut wie immer auch fahrdynamisch
    ideal. Eine heftige Bodenwelle sollte keinen bis maximal einen Nachschwinger produzieren, auf
    keinen Fall mehr. Sonst wird es auch schaukelig. Verlasst euch ruhig etwas auf euer Gefühl.


    Denkt nur daran, dreht nicht zu hart:



    So weich wie möglich, so hart wie nötig !! :!:



    Ich kann das für das KW V3 mit getrennter Einstellung von Zug und Druck ergänzen wenn daran
    Interesse bestehen sollte.
    Ansonsten bin ich für Ratschläge gerne zu haben und wer Fragen hat, der fragt. Danke für
    eure Aufmerksamkeit.


    :thumbup:




    Noch ein Lesetipp für sportliche Fahrer:


    http://farnorthracing.com/autocross_secrets6.html






    ps:
    Übrigens, das hier gilt für ALLE Gewindefahrwerke:



    Grüße




    "Ich mag keine Probleme, ich stehe auf Lösungen."


    ein Chemiker


    sent from NSA monitored device

    3 Mal editiert, zuletzt von the bruce ()

  • Schöne Anleitung, Dankeschön :)

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    Bei Interesse PN

  • Nette Anleitung, aber dazu sollte eigentlich jeder in der Lage sein, der sich so ein Fahrwerk kauft und kurz damit beschäftigt hat :) Ist ja kein Hexenwerk :whistling::D


    Vielmehr würde mich die Unterscheidung(Vor-/Nachteile) der einzelnen Stufen interessieren. hart <ungleich> "sportlich"

  • Ja, "sollte". Die Praxis ist aber nunmal, dass die Mehrheit aus Vorsicht einfach eine Mittelstellung wählt
    (-5 Klicks bei Bilstein oder -10 Klicks bei Sachs). Dann bräuchte man aber keine einstellbaren Dämpfer.


    Und keine Sorge, sobald ein paar User von ihren Erfahrungen bspw. mit dem Sachs Performance berichten
    werden wir hier ein paar konkrete Empfehlungen haben. Das kann aber je nach Fahrzeuggewicht etwas
    von einander abweichen.

    Grüße




    "Ich mag keine Probleme, ich stehe auf Lösungen."


    ein Chemiker


    sent from NSA monitored device

  • Auch wenn es nun auf das Frühjahr zugeht:


    Damit ihr als Besitzer eines Fahrwerks mit einstellbaren Dämpfern (Bilstein B6 adjustable/B16,
    Koni, KW V2/V3/CS, Öhlins, Sachs) auch länger etwas davon habt möchte ich noch etwas
    los werden.
    Die Einstellmechanik im Dämpfer ist sehr filigran und es verbietet sich mit grobem Werkzeug
    Hand anzulegen. Es muss also schön leichtgängig sein.
    Damit das auch nach mehreren Jahren Winterbetrieb (und entspr. viel Streusalz) so bleibt
    empfiehlt es sich vor jedem Winter den Bereich um das Einstellrad, dort wo die Welle in das
    gehäuse geht, mit etwas seewasserfestem Fett einzustreichen. Entspr. Schmierstoffe gibt es
    von allen bekannten Herstellern von Castrol über Liqui Moly bis Würth. Und ein paar Tropfen
    Waffenöl (Ballistol o.ä., kein aggressives Caramba) im Frühjahr können auch nicht schaden.

    Grüße




    "Ich mag keine Probleme, ich stehe auf Lösungen."


    ein Chemiker


    sent from NSA monitored device

  • Ich bin nie eins gefahren, aber bin extrem skeptisch. Eine weitere Tieferlegung als bei einem
    normalen KW V1 bis V3 möglich muss logischerweise zu extrem reduzierten Federwegen führen.
    Naheliegenderweise muss das durch stark erhöhte Federraten kompensiert werden, weshalb
    Pfeffer m. W. die Federpakete des Clubsport einsetzt. Aber sind die Dämpfer auch an diese
    hohen Federraten ( = deutlich härter) angepasst? Warum dann nicht gleich ein KW Clubsport?
    Es dürfte auch allgemein bekannt sein, dass die Federraten eines Clubsport nicht mehr alltags-
    tauglich sind. Wer damit die A7 zwischen Hannover und Göttingen täglich fährt und nicht an
    seine Schmerzgrenze kommt, der muss schon extrem hart gesotten sein.

    Grüße




    "Ich mag keine Probleme, ich stehe auf Lösungen."


    ein Chemiker


    sent from NSA monitored device

  • Danke für die Antwort. Ich habe gedacht, dass es evtl. ziemlich tief eingstellt mit verhältnismäßig gutem Fahrverhalten glänzen könnte (auch wenn sich das eigentlich schon wiederspricht). :rolleyes:


    Das Clubsport will ich mir nicht antun :D