Einbau Quaife Sperrdifferential - Erfahrungsbericht Alpina_B3_Lux

  • Der folgende Bericht - wie auch eine Reihe weiterer Berichte - habe ich ursprünglich nur im folgenden Thread in der Rubrik "Uservorstellungen" veröffentlicht: Alpina_B3_Lux - 335i E90 LCI Individual - Berichte zu diversen Modifikationen


    Da aber unter dieser Rubrik wohl nur wenige nach den recht spezifischen Erfahrungen der einzelnen Umbauten suchen werden, habe ich mich entschlossen, einige dieser Berichte auch einzeln in den jeweils einschlägigen Sonder-Rubriken einzustellen, so dass möglichst viele von meinen Erfahrungen profitieren können. So hoffe ich, daß sich die nicht unerhebliche Arbeit des Abfassens der Berichte nochmals etwas besser rentiert und vielleicht dem ein oder anderen weiterhelfen kann.




    Quaife Sperrdifferential


    Warum?


    Soweit es das Ziel eines Auto-Enthusiasten ist, mit seinem Fahrzeug schneller zu fahren, als es im Serienzustand möglich ist, dann stellt sich eine Erhöhung der Leistung nur als eine Seite der Gleichung dar. Falls es demjenigen ausreicht, lediglich schneller geradeaus auf Autobahnen zu fahren, dann könnte das eventuell reichen; wenn man allerdings auch schneller um die Kurven fahren möchte, eventuell sogar auf einer Rennstrecke, dann ist bessere Traktion ein Muss.


    Sobald man insbesondere bei einem derart drehmomentstarken Fahrzeug wie dem 335i die Leistung anhebt, kommt man mit dem serienmäßigen offenen Differential sehr schnell an die Traktionsgrenzen des Autos. In meinem Fall wurde mir das spätestens zu dem Zeitpunkt klar, als ich das Evotech-Tuning auf etwa 400 PS und 560 Nm vorgenommen hatte, denn von da an wurde es in den unteren Gängen zusehends schwieriger, die Leistung auch auf die Straße zu bringen – die Hinteräder neigten schnell zum Durchdrehen, und ein Großteil der Motorleistung ging in schwarzem Rauch beziehungsweise einem Dauer-Flackern der Traktionskontrolle auf. Das passierte schon auf trockener Straße – sobald ein wenig Feuchtigkeit hinzukam oder sogar noch Kurven, wurde das Traktionsdefizit noch deutlicher. Aber auch auf trockenen Straßen war ein dynamisches Herausbeschleunigen aus Kurven nahezu unmöglich. Abhilfe mußte also her!



    Wie?


    Traktionsprobleme kann man in der Regel mit drei Maßnahmen begegnen. Die erste wäre es gewesen, anstatt zwei angetriebenen Rädern gleich deren viere zu haben, was ja im Falle des 335i sogar werksseitig bestellbar ist. Ich hatte mich jedoch bewußt gegen einen 335xi entschieden, da dieser mit einem höheren Gewicht, höherem Verbrauch und nochmals größerer Komplexität und damit (insbesondere im Fall eines Tunings) Fehleranfälligkeit einherging; noch dazu befürchtete ich, die einen BMW ja gerade ausmachenden Fahreigenschaften eines Hecktrieblers zu verlieren.


    Eine weitere Maßnahme besteht in der Wahl der Reifen; hier hatte ich jedoch mit den Michelin Pilot Sport 2 bereits sehr hochwertige Sportreifen gewählt, so daß hier kein weiterer Spielraum bestand (mittlerweile bin ich auf die neuen Michelin Pilot Super Sport umgestiegen); außerdem ist der Effekt dieser Maßnahme in der Regel nicht ausreichend.


    Die von mir ins Auge gefaßte dritte Alternative bestand daher im Einbau eines mechanischen Sperrdifferentials. Nun könnte man sich die Frage stellen, ob nicht der 335i schon serienmäßig über ein solches verfügt – zumal BMW in den Marketing-Unterlagen regelmäßig von einem "elektronischen Differential" spricht. Das ist allerdings Augenwischerei: Dieses ist lediglich eine Unterfunktion der Traktionskontrolle, die also zum Herstellen eines stabilen Fahrzustandes eines der angetriebenen Räder einbremst; keinesfalls wird dabei das Antriebsmoment von einem angetriebenen Rad auf ein anderes übertragen. Dies ist nur mit einer mechanischen Sperre möglich, welches BMW bedauerlicherweise den M-Modellen vorbehält; lediglich Alpina verbaut im B3 (S) Biturbo auf Wunsch bzw. beim GT3 serienmäßig ein Sperrdifferential von Drexler. Der 335i hat daher wie alle anderen Nicht-M-Fahrzeuge ein offenes Differential, was bedeutet, daß die Antriebskraft des Motors immer auf das Rad mit dem geringsten Widerstand geleitet wird. In Kurven hat dies daher zur Folge, daß das kurveninnere Rad durchdreht, anstatt daß – wie dies zur Optimierung der Traktion notwendig wäre – das Antriebsmoment auf das belastete kurvenäußere Rad übertragen wird. Dies hat einen unschönen Schluckauf-Effekt zur Folge, wenn man in den Kurven zu sehr aufs Gas geht, und macht natürlich überhaupt keinen Spaß. Man kann den Kurvenradius nicht mit dem Gaspedal steuern, driften ist gar nicht drin und vor allem kann man nur einen Bruchteil des Antriebsmoments auf die Straße übertragen. Ich habe das auf mehreren Ausflügen auf die Nordschleife im August 2009 erfahren, sowie auf einer Tour durch die italienischen Alpen. Ein Sperrdifferential mußte also her.


    Dessen Funktion ist verhältnismäßig einfach: Ein mechanisches Sperrdifferential spürt, wenn eins der Antriebsräder an Traktion verliert, und leitet dann entweder das Antriebsmoment auf das andere Antriebsrad um (diese Art von Sperrdifferential wird auch "Torsen"-Differential genannt - von "torque sensing" = drehmoment-fühlend) oder sperrt die Antriebswelle zu einem gewissen Prozentsatz. Dadurch kann das normalerweise offene Differential bis zu 80% (bei bestimmten Differentialen sogar bis zu 100%) gesperrt werden.


    Für den 335i existieren mittlerweile mehrere Sperrdifferentiale, z.B. von Drexler Motorsport, OS Giken, Quaife Engineering oder Wavetrac. Bei Drexler handelt es sich um eine Lamellen-Sperre, welches Lamellen-Scheiben für die Drehmoment-Steuerung verwendet (weitere technische Informationen http://www.jubu-drivetrain.com/de/warum_sperre/]unter diesem Link[/URL]), während Quaife etwa mit in sich drehenden Schneckenrädern arbeiten (weitere technische Informationen http://www.birdsauto.com/content/quaife-atb-limited-slip-differential-bmw-and-mercedes ]unter diesem Link[/URL]). Was sind nun die Vor- und Nachteile beider Prinzipe?


    Das sogenannte Torsen-Differential (Quaife) sperrt nicht die Achse, sondern leitet die Eingangskräfte auf die Antriebswellen um, aber nur solange auf allen angetriebenen Rädern überhaupt noch eine Kraft wirkt. In dem Moment, in dem eines der angetriebenen Räder von der Straße abhebt, leitet das Torsen-Differential die komplette Kraft auf dieses Rad. Somit hat das noch auf der Straße befindliche Rad kaum noch Moment und der Vortrieb hört auf. Mit einer Lamellensperre (Drexler) hat man aufgrund deren Vorspannung immer eine gewisse Sperrwirkung zwischen den Antriebsrädern. Auf der anderen Seite muß ein Lamellen-Differential (je nach Beanspruchung) regelmäßig gewartet werden; ein Torsen-Differential ist dagegen nahezu wartungsfrei (ggf. sollte ein Ölwechsel gemacht werden). Desweiteren ist in der Regel ein Torsen-Differential etwas einfacher zu fahren, da die Sperrwirkung weicher einsetzt als bei einem Lamellen-Differential.


    Auf der Straße und außerhalb eines Einsatzes im Motorsport hielt ich daher das Quaife-Differential für vorzugswürdig; zudem war es eine ganze Ecke preiswerter und ich war bereits mehrfach mit einem 335i gefahren, der ein solches verbaut hatte. Drexler ist zweifelsfrei ebenfalls eine exzellente Lösung, zumal Alpina beispielsweise diese Sperre einsetzt; über Wavetrac gab meiner Ansicht nach noch nicht genügend Langzeit-Erfahrungen, da diese verhältnismäßig neu am Markt waren. OS Giken gibt es nach meinen Informationen nur für Automatik-Fahrzeuge, außerdem ist dieses nochmals teurer.


    Woher also ein solches Quaife-Sperrdifferential nehmen, und wer kann so eins einbauen? Wenn ich in den USA leben würde, hätte ich es über HP Autowerks gekauft, da ich mit dem Eigentümer bereits oft in Kontakt war und eine ganze Reihe von Komponenten über ihn bezogen hatte. In Europa wurde mir
    Birds in England empfohlen, da diese die Quaife-Differentiale in Europa vertreiben und daher über eine in diesem Bereich konkurrenzlose Erfahrung verfügen. Da ich gleichzeitig eine Reihe anderer Modifikationen am Fahrwerk durchführen lassen wollte (die M3-Komponenten), kombinierte ich den Einbau des Sperrdifferentials mit einem Kurz-Trip nach London, wo ich ohnehin seit langer Zeit wieder hinwollte. Die Preise für die Quaife-Differentiale können http://www.birdsauto.com/quaife/search?m=bmw&s=5704&mi=335i)/]unter diesem Link auf der Birds-Website[/URL] nachgeschaut werden. Bei mir betrug der Preis inklusive Installation etwa 2000 EUR. Ich habe damals auch ein Differential mit anderer (kürzerer) Übersetzung erwogen, um nochmals schneller beschleunigen zu können, habe das aber letztendlich verworfen, da ich keine ¼-Meilen-Rennen fahren wollte.


    Im Februar 2010 habe ich daher die Fähre über den Ärmelkanal genommen und mein Auto in die kundigen Hände von Kevin Birds und seinem Team gegeben, deren Werkstatt nicht weit vom Flughafen Heathrow entfernt ist. Wirklich nette Leute, ich war vom Empfang, der Beratung und dem Service insgesamt sehr angetan und habe Kevin mittlerweile auch privat einige Male getroffen. Der Einbau des Differentials selbst war Routine-Arbeit für Birds und keinerlei Probleme traten während des Einbaus auf.


    Hier einige Bilder:


    Original BMW-Differential
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    Quaife-Differential
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    Vergleich Original (links) mit Quaife-Differential
    [Blockierte Grafik: http://www.treffbilder.de/images/46777483/quaife3_-_comparisongqh0.jpg]



    Verbesserungen?


    Das Quaife-Sperrdifferential war die bis zum damaligen Zeitpunkt kostenintensivste Modifikation meines Fahrzeuges, so daß ich verständlicherweise sehr neugierig war, ob es sein Geld auch wert sein würde. Zunächst: Es ist vollkommen geräuschlos, man kann zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Geräusche vom Differential hören, unabhängig vom Lastzustand.


    Was das Fahrgefühl anbelangt – solange man normal unterwegs ist, spürt man keinerlei Veränderung. Sobald man jedoch stärker aufs Gas geht, ist auch in den unteren Gängen keine Weihnachtsbaum-Beleuchtung zum Signalisieren der elektronischen Traktionskontrolle mehr zu sehen, keine Leistungswegnahme zu spüren, sondern nur unmittelbare Beschleunigung. Unter trockenen Straßenbedingungen, mit guten Reifen und außerhalb der Rennstrecke ist es wesentlich schwieriger als zuvor, die Räder zum Durchdrehen zu bewegen – beim Geradeausfahren geht das eigentlich nur im ersten und zweiten Gang in höheren Drehzahlen. Der größte Unterschied war jedoch beim Kurvenfahren zu bemerken: Wo bislang die elektronischen Helferlein Leistung wegnahmen und das Fahrzeug um die Kurve herumhoppelte, wird es nun fast durch die Kurve gezogen und man kann je nach Gaspedaleinsatz gut spüren, wie das Drehmoment zum kurvenäußeren Rad transferiert wird. Das Auto krallt sich jetzt geradezu in den Straßenbelag, und kurvenreiches Geläuf macht jetzt viel, viel mehr Spaß. So hätte das Auto schon serienmäßig kommen sollen!


    Natürlich kann auch das Sperrdifferential die physischen Grundgesetze nicht aushebeln – wenn die Straße naß ist, ist Traktionsverlust nach wie vor sehr einfach zu provozieren. Das sollte bei einem mehr als 400 PS starken Hecktriebler allerdings auch offensichtlich sein. Allerdings geschieht der Traktionsverlust wesentlich weniger und sind auch beim Ausschalten der elektronischen Traktionshilfen sehr viel einfacher zu kontrollieren. Das gilt insbesondere für Drifts – mit einem offenen Differential sind diese nahezu unmöglich zu kontrollieren, mit Sperrdifferential sind sie wesentlich einfacher zu beherrschen.



    Probleme / Nachteile?


    Der Preis eines Sperrdifferentials – mit Einbau 2000 EUR und mehr – ist sicherlich nicht für jedermann. Den hohen Preis ist es jedoch meines Erachtens vollkommen wert, denn der dazugewonnene Fahrspaß ist immens.


    Die Installation ist sicherlich nichts für Laien und sollte von einer erfahrenen Werkstatt durchgeführt werden, was nicht immer einfach zu finden sein wird. In Deutschland führt etwa Evotech in Ludwigsburg oder Raeder Motorsport am Nürburgring solch einen Einbau durch.


    Alpina_B3_Lux

    Audi R8 V10 + BMW 530d xDrive F11 - Reinigung verkokter Einlaßventile: 335i / 135i [N54+N55-Motor] / 1M / Alpina B3 / 325i / 330i [E9x] / 523i / 528i / 530i / 535i [E60/F10] / Mini Cooper (S) schonend mit Walnuß-Granulat-Strahlverfahren durch Werkstatt in Luxemburg (Nähe Trier) - PN f. Details

  • Bitte ebenfalls als 'sticky' anpinnen. Am besten alle Anleitungen, die Marcel erstellt.


    Was besseres kann diesem Forum gar nicht passieren.


    Ach ja, DANKE !!

    Grüße




    "Ich mag keine Probleme, ich stehe auf Lösungen."


    ein Chemiker


    sent from NSA monitored device

  • Ja, es wäre einfach schade wenn die Sachen in die Versenkung rutschen würden.


    Es ist mit das Beste, was dieses Forum zu bieten hat und es dient ja nicht nur als
    Anleitung für die, die's eh schon wollen, sondern auch als Anregung für alle anderen.

    Grüße




    "Ich mag keine Probleme, ich stehe auf Lösungen."


    ein Chemiker


    sent from NSA monitored device

  • Waaaaaaaah ich bin sooooo neidisch! ;(


    Aber trotzdem find ich die Berichte TOP!!! Extrem Interessant und informativ, vor allem für Leute die auch mit solchen Modifikationen am Fahrzeug liebäugeln.


    P.S.: ich mag meinen kleinen Diesel trotzdem. :love: Aber trotzdem... X(

  • Super Erfahrungsbericht, solche Leute braucht das Land ehh Forum :) einfach niederschreiben was die Erfahrungen sind und damit sehr sehr vielen Leuten helfen


    TOP :)

  • Ich bin nicht Facebook-Süchtig, aber wieso zur Hölle kann ich das nicht liken?!
    Das gehört angepinnt!