Erfahrungsbericht KW Clubsport + M3-Komponenten - Update nach 50.000 km Seite 3

  • F8x


    VORDERACHSE:
    Gesamtvorspur 0° 10' ± 12’
    Sturz - 1° 29' ± 30’


    HINTERACHSE:
    Gesamtvorspur 0° 10' ± 12'
    Sturz -2° 00' ± 20'

  • Sehr interessanter Beitrag und wirklich gut geschrieben und erläutert :thumbup:
    Das ist natürlich mal ein Tuning wie es sein soll. Ihr habt immer so ein Glück, das ein kompetenter Tuner mit Motorsporterfahrung in der Nähe ist. Hier in Berlin bin ich schon einige angefahren und immer auf Unverständnis und Kopfschütteln gestoßen :rolleyes:

  • Sehr interessanter Beitrag und wirklich gut geschrieben und erläutert :thumbup:

    Danke, freut mich! :thumbup:


    Ihr habt immer so ein Glück, das ein kompetenter Tuner mit Motorsporterfahrung in der Nähe ist.

    Die muss es doch auch im Umkreis Berlin geben. Ich hätte dafür aber auch durchaus eine längere Anreise in Kauf genommen.


    Nachspur sogar, wie es im Rennsport bei Kurvigen Strecken und Heckantrieb gemacht wird?

    Der CSL hat auch hinten 4' Vorspur. Ich kenne keinen Hersteller, der seinen Kunden einen Hecktriebler mit Nachspur auf der Hinterachse zutraut.


    Für die serienmässigen Semis des CSL sind übrigens auch die 1° 45' Sturz viel zu wenig.


    Insider mich würden man die Daten des neuen M4 interessieren, man ließt ja von mehr Traktion usw. was nicht gerade für eine Kurvendynamische Einstellung spricht?

    Traktion und Kurvendynamik schließen sich ja nicht gegenseitig aus. Der neue M4 ist auf der Nordschleife mit STRASSENREIFEN nur zwei Sekunden langsamer im sportauto-Supertest als der E46 M3 CSL und vier Sekunden langsamer als der E90 M3 GTS - beides kompromisslose, gewichtsoptimierte Fahrmaschinen mit Semislicks! Das ist schon ne ziemliche Hausnummer.

  • Bin den M4 im Serienzustand bereits mehrmals sportlich Gefahren und ich muss sagen der geht schon ziemlich ordentlich um die Ecke. Ein M4 mit Clubsport und semis das wäre mal interessant. ?

  • Habe den Bericht gerade entdeckt und mit großem Intresse gelesen.


    Sehr toll und ausführlich geschrieben :thumbsup:


    Das Buch von WW habe ich auch schon zu Hause :D , kann ich jedem interessierten empfehlen.


    Gruß Jürgen

  • Update Dezember 2015:
    Mein KW Clubsport ist jetzt gute zwei Jahre eingebaut, hat knapp 50.000 km gelaufen (inkl. zwei Winter) und schon einige Runden Nordschleife abgespult. Funktional befindet es sich in einem Top-Zustand, die Dämpfer sind trocken, die Gewindeteller freigängig genau wie die Einsteller für Zug- und Druckstufe, wo nach wie vor fast jeder einzelne Klick einen spürbaren Effekt aufs Fahrverhalten hat. Die Zugstufe verändere ich dabei nur in Ausnahmefällen, aber über die Druckstufe wechsel ich regelmäßig zwischen Alltags- und Rennstreckensetup. In der Grundkonfiguration fährt sich das KW Clubsport bereits um Welten besser und sogar komfortabler als das M-Fahrwerk. Zwei kleinere Probleme gab es dann aber doch, diese möchte ich hier deshalb ergänzen:

    Problem Nr. 1: zuviel Federweg an der Vorderachse

    Das Fahrwerk federt vorne etwas zu weit ein. Unter extremer Belastung wie bspw. in der Fuchsröhre auf der Nordschleife, wo es das Auto bei über 200 Sachen bis auf die Begrenzer zusammenstaucht, setzen die Vorderreifen vorne beide gleichzeitig mit der kompletten Lauffläche im Radhaus auf. Im Alltag kommt das quasi nie vor, auf der Nordschleife lässt sich das aber selbst mit komplett hart gedrehter Druckstufe zuverlässig reproduzieren (TÜV-geprüfter Bereich!!!). Die Ursache ist offensichtlich ein im Vergleich zum Serienfahrwerk erhöhter Negativfederweg, für den schon bei Serien-Reifengrößen und entsprechender Fahrweise schlicht kein Platz da ist (das Problem hatte ich bereits mit 225/40 R18 rundum, es liegt also nicht an der Reifengröße). Von dem Problem sind vermutlich auch alle baugleichen Fahrwerke von ST, AP, DTS, Eibach, etc. betroffen, vom ST XTA (identische Federraten, nur keine einstellbare Druckstufe) weiss ich es sicher, weil ein ebenfalls nordschleifengestörter Kumpel damit genau das gleiche Problem hat.


    Lösung: Federwegsbegrenzer vorne
    Zwar kann man das Problem durch Höherdrehen oder härtere Federn lindern, wenn das Fahrwerk aber wie in der Fuchsröhre so oder so auf Anschlag geht helfen nur Federwegsbegrenzer. Dafür hat mir Wolfgang Weber zusätzliche KW Entlüfterscheiben geschickt, die einfach auf die Kolbenstange geklipst werden. Die Entlüfterscheibe verhindert normalerweise, dass der Gummipuffer auf der Kolbenstange bei voller Kompression das Öl aus dem Dämpfer saugt. Drei zusätzliche davon verringern den Federweg um etwa 11,5mm, dann ist das Problem (bei mir) behoben. Ein Kumpel von mir (der mit dem ST XTA) hat statt Begrenzern zwischen Domlager und Karosserie ein Distanzstück eingesetzt. Das ist an sich die technisch sauberere Lösung, da man dadurch keinen Dämpferhub verschenkt, aber natürlich eine bauliche Veränderung, die der TÜV nicht gerne sieht.


    [Blockierte Grafik: https://dl.dropboxusercontent.com/u/7956596/BMW%20330d/clubsport/2015-06-16%2019.33.03.jpg]
    Auf der Kolbenstange sind die zusätzlichen Entlüfterscheiben zu erkennen.


    Problem Nr. 2 - Federraten
    Teil 1: Federraten gesamt
    War ich anfangs noch überrascht wie komfortabel das Clubsport noch zu fahren ist, ärgerte ich mich nach einiger Zeit nur noch darüber, dass das Fahrwerk selbst mit komplett zugedrehter Druckstufe für den sportlichen Einsatz schlicht zu weich war. Anfangs machte sich das noch nicht so deutlich bemerkbar, weil da eher der überforderte Kumho die Schwachstelle war, mit den deutlich steiferen Federals jedoch wurde das Problem ziemlich offensichtlich. Mit den originalen Federraten ist das KW Clubsport für den Non-M ein wunderbar alltagstaugliches Gewindefahrwerk, das für "Clubsport" mit gelegentlichen Rennstreckenausflügen aber leider nur bedingt geeignet ist. Im Gegensatz zum KW Clubsport für den nahezu gleich schweren M3 wird an der Vorderachse beim KW Clubsport für den Non-M eine deutlich geringere Federrate verwendet (70 kg statt 110 kg), hinten kommt statt einer linearen Rennsportfeder mit 120 kg und Helperfeder gar nur eine leicht progressive Tonnenfeder mit 90kg zum Einsatz, ähnlich wie auch im V1-V3 oder Street Comfort. Auf Nachfrage erklärte man mir, dass KW die Federrate ausgehend von der Serienfeder nur um einen gewissen Prozentsatz erhöhen darf, da der TÜV sonst kein Teilegutachten mehr ausstellt (höhere Belastung der beteiligten Achskomponenten, etc.). Die geringeren Serienfederraten des Non-M sind also der Grund dafür, dass das KW Clubsport nicht so hart abgestimmt ist wie das KW Clubsport für den M3, obwohl die Autos quasi gleich schwer sind.


    Teil 2: Federraten Balance vorne/hinten
    Das zweite Problem betrifft die Balance vorne zu hinten. Zwar fährt das Auto mit dem KW Clubsport um Welten neutraler ums Eck als im Serientrimm, aber im Grenzbereich dominiert selbst mit gleicher Reifengröße rundum immer noch das Untersteuern. Im Verhältnis ist das Heck zu weich gefedert, baut in Verbindung mit dem eh schon weichen Hinterachsstabi mehr Grip auf als die straff gefederte Vorderachse und ist somit nur mit Nachdruck zum Mitlenken zu bewegen. Das ist zwar narrensicher, aber nicht schnell und auch nicht schön zu fahren.
    Beim Versuch das über die üblichen Stellschrauben zu korrigieren war ich inzwischen an den Grenzen angelangt: um den Grip von der Hinterachse zu nehmen fuhr ich hinten bereits Minimalsturz (Exzenter auf Anschlag), vorne bin ich mit -2,75° schon fast auf Maximum und eigentlich schon jetzt nicht mehr wirklich alltagstauglich. Dämpfung vorne weich und hinten hart fährt sich ab einer gewissen Einstellung auch komisch, weil er dann beim Einlenken zu sehr über das kurvenäußere Vorderrad wegkippt. Ich fahre vorne wie hinten ein Minimum an Vorspur, Nachspur will ich wegen Reifenverschleiss und Geradeauslauf tunlichst vermeiden. Kurzum: hier musste jetzt was an der Hardware passieren.


    Lösung: höhere Federraten
    Aus den oben genannten Gründen habe ich das Fahrwerk bei Wolfgang Weber auf härtere Federn umbauen lassen. Die Federraten wurden vorne von 70 auf 90 kg und hinten von 90 auf 140 kg angehoben. Damit bin ich vorne 20 kg weicher und hinten 20 kg härter als das KW Clubsport für den M3, was eine gute Vorderachse und ein agiles Heck zur Folge haben sollte. Vorne wird einfach die Hauptfeder ausgetauscht, hinten wird die progressive Tonnenfeder durch ein zweiteiliges lineares Federpaket mit Haupt- und Helperfeder wie an der Vorderachse ersetzt. Das Auto muss anschließend neu vermessen werden. Die höheren Federraten erfordern außerdem eine etwas härtere Zugstufe, das decken die Clubsport-Dämpfer mit ihrem breiten Einstellbereich aber problemlos ab. Die Druckstufe kann tendenziell jetzt etwas weicher gefahren werden, da sie durch die härteren Federn entlastet wird.


    [Blockierte Grafik: https://dl.dropboxusercontent.com/u/7956596/BMW%20330d/clubsport/2015-07-24%2017.03.02.jpg]
    Alte 70kg- und neue 90kg-Feder für die Vorderachse im Vergleich.


    [Blockierte Grafik: https://dl.dropboxusercontent.com/u/7956596/BMW%20330d/clubsport/2015-07-24%2016.25.28.jpg]
    Das neue Rennsportfederpaket an der Hinterachse - die Vorspannfeder sitzt allerdings im finalen Ausbau unten und nicht oben.


    Fahreindrücke:
    Ich hätte nicht erwartet, dass sich das Auto durch die härteren Federn so viel agiler und leichtfüssiger anfühlt. Das Einlenkverhalten ist nochmal bissiger geworden und das Auto dreht sich jetzt auf der Bremse spürbar ein, die Hinterachse ist endlich aus ihrem Koma erwacht. Wenn mans übertreibt oder die Kurve hintenraus zumacht, reicht ein kleiner Lupfer und die Vorderachse läuft wieder in der Spur, anstatt über die Vorderräder geradeaus zu schieben. Unter Last am Kurvenausgang sackt das Heck darüber hinaus jetzt nicht mehr so weg wie mit den weicheren Federn.
    Auf der Nordschleife fährt sich das Auto vor allem in schnellen Wechselkurven (Hatzenbach, Adenauer Forst, Pflanzgarten2) ruhiger, weil die Lastwechsel nicht mehr so heftige Karosseriebewegungen verursachen. Das gibt Vertrauen, denn ich treffe dadurch auch meine Linien besser. So ging das Geschlängel vom Pflanzgarten2 beim letzten Besuch im September auch zum ersten mal wirklich voll, da musste ich vorher immer Angstlupfen.
    Trotz des agilen Fahrverhaltens ist das Auto für meine Begriffe immer noch äußerst gutmütig, der E90 lässt sich wirklich völlig problemlos am Limit bewegen. Das liegt auch daran, dass ich ganz bewusst die weichen M-Paket-Stabis beibehalten habe, denn dadurch fallen die Fahrzeugreaktionen insbesondere beim Lastwechsel nicht ganz so brutal aus und das Auto bleibt im Grenzbereich besser beherrschbar. Zwar kommt er bei Nässe im zügig gefahrenen Kreisverkehr jetzt auch durchaus mal sanft mit dem Heck, aber das kündigt sich immer spürbar an und ist sehr gut kontrollier- bzw. driftbar :whistling:. Ich interpretiere das als aktive Sicherheit, denn wenn er hinten den Grip verliert, habe ich immer noch die lenkbare Vorderachse und kann reagieren, wenn er aber vorne den Grip verliert, dann geht’s nur noch sehenden Auges ins Verderben.
    In Sachen Komfort hat der Umbau - wenn überhaupt - nur marginal Auswirkungen. Im Alltagssetup mit weit geöffneter Druckstufe merkt man eigentlich kaum einen Unterschied. Entscheidend ist aber eine sauber abgestimmte Zugstufe, denn die beeinflusst nachhaltig das Komfortempfinden.
    Der einzige wirkliche Nachteil des strafferen Federsetups ist, dass die Traktionskontrolle bei eingeschalteten Helferlein jetzt tendenziell noch etwas früher regelt als vorher - da hilft nur noch ausschalten oder eine echte Sperre nachrüsten.


    [Blockierte Grafik: https://dl.dropboxusercontent.com/u/7956596/BMW%20330d/clubsport/nos2015.jpg]
    Auch an deutlich weniger Seitenneigung erkennbar: die höheren Federraten.


    Fazit:
    Alles in allem hat sich der Umbau auf höhere Federraten absolut gelohnt, das Setup legt querdynamisch nochmal eine Schippe drauf, das Auto macht deutlich mehr Spaß und fährt sich jetzt endlich nahezu neutral.


    Beratung, Einbau und Abstimmung gabs wie immer bei Wolfgang Weber in Vilshofen - natürlich inkl. Einstellungsfahrt, die immer für ein breites Grinsen auf beiden Gesichtern sorgt. :)

  • Danke für den ausführlichen Bericht! Mit Wolfgang habe ich die Tage auch kurz telefoniert - klasse Kerl :)

  • Das ist wirklich äußerst interessant, danke!


    Die Sache mit den Stabis würde ich gerne etwas genauer wissen, da ich "eigentlich" vermutet hätte dass man mit "mehr" Stabi auf die härteren Federn hätte verzichten können.
    Lässt sich das ausdrücken, wo die Vorteile der Federn zu dicken Stabis sind?


    Was für mich speziell noch sehr interessant wäre sind die Änderungen für den Alltag, speziell AOK den Winter.
    Bisher ist es mir nie 100%ig gelungen, dass eine "schöne" Änderung für den Sommer mich im Winter nicht in den Hintern gebissen hätte.
    Machst du hier noch was außer zB die Dämpfer wieder zu öffnen?


    Danke!



    Von meinem iPhone gesendet.


  • Die Sache mit den Stabis würde ich gerne etwas genauer wissen, da ich "eigentlich" vermutet hätte dass man mit "mehr" Stabi auf die härteren Federn hätte verzichten können.
    Lässt sich das ausdrücken, wo die Vorteile der Federn zu dicken Stabis sind?


    Der Vorteil liegt in diesem Fall hauptsächlich darin, dass nur die härteren Federn an der VA
    ein zu heftiges auf die Begrenzer gehen in einer Kompression wie der Fuchsröhre verhindern
    oder wenigstens lindern können. Natürlich zusammen mit passenden Druckstufen und Begren-
    zungselementen. Dickere Stabis würden an diesese Stelle nichts tun.
    Auf sie verzichten würde ich trotzdem nicht bei einem solchen Setup, schon wegen der zu-
    sätzlichen Möglichkeiten für die Abstimmung.
    Ansonsten bin ich übrigens auch der Meinung, dass 70 N/mm (nix Kilo, wir haben 2015) für
    einen regelmäßig auf der Nördlichen bewegten 330d etwas zu wenig sind. 90 N/mm passt da
    schon besser. Im Alltag wird man mit den von KW vorgesehenen Federraten aber vielleicht
    glücklicher, zumal sich jja auch noch die Frage der Abnahme beim TÜV stellt. Die Federn sind
    Bestandteil des Gutachtens.

    Grüße




    "Ich mag keine Probleme, ich stehe auf Lösungen."


    ein Chemiker


    sent from NSA monitored device