Schwedenhäppchen und andere Schmankerln – Teil 1
Ausgangssituation:
Mein VFL 330d kam mit dem M-Sportfahrwerk 2007 als gebrauchtes Werksfahrzeug in die Familie. 2012 (mit ca. 140.000 km) habe ich dann wegen der langsam nachlassenden Dämpferleistung Eibach Federn mit Bilstein B8 Dämpfern und Eibach Sportstabis verbaut. Danach lag der Wagen gleich tief (oder hoch, wie man es nimmt), federte jedoch straffer und hatte weniger Seitenneigung. (Die hat mich an den M-Komponenten schon immer gestört).
Leider war ich mit dem Umbau eigentlich nie richtig glücklich, denn die straffere Abstimmung verzeiht auch weniger, wenn Spiel im Gebälk ist. Und obwohl ich jeweils zwei Querlenker und auch die 4 Tonnenlager an der HA beim Wechsel mitmachen ließ, hatte ich speziell bei der HA das Gefühl, mich tritt ein Pferd, wenn ich über kurze, starke Unebenheiten fahre, weil nicht die Federelemente arbeiten, sondern immer zuerst die weichen Gummilager der Achskomponenten nachgeben.
Durch die Posts in diesem Forum bin ich auf das Öhlins Road and Track aufmerksam geworden, das alle zumindest in der Theorie meine Anforderungen besser bedienen können sollte. Alle anderen für mich preislich noch akzeptablen Alternativen, also KW oder ST oder so sind ja auch alle in den Topvarianten einstellbar, aber keins hat wie Öhlins das spezielle Dämpferprinzip, um starke Stöße schnell dämpfen zu können, und dann aber dennoch richtig staff zu sein.
Nachdem TheBruce das Produkt aus Schweden ja öfter lobt, und nachdem Klappspaten hier seine Erfahrungen mit dem Öhlins Fahrwerk gepostet hat, will ich nun etwas über den Umbau (Teil 1) und den Alltagsbetrieb (Teil 2) schreiben. Vielleicht hilft es ja jemandem...
Fahrwerksumbau:
Also bin ich endlich in dieser Woche nach Neumarkt Sank Veith zu BRT (BRT Automotive) gefahren und habe folgende Arbeiten durchführen lassen:
1. Messung der eingebauten Feder/Dämpferkomponenten
2. Tausch fast aller originalen Lager und Buchsen an VA und HA gegen PU Buchsen
3. Einbau Öhlins Road and Track und verstellbare BRT Domlager
4. Anbau Z-Performance Ten mit Spurplatten
5. Tausch des Clutch Delay Ventils gegen ein von mir bereits im Durchmesser vergrößertes Neuteil
6. Tausch der verrosteten Einstellmutter am Diff Lockdown gegen verzinktes Neuteil
7. Vermessung Fahrwerk
8. TÜV-Abnahme mit Eintragung
1. Bei der Messung der Feder/Dämpfer Performance der verbauten Komponenten vor dem Umbau (Eibach/Bilstein)
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Wie man sieht, sitzt über jeder Radachse ein Beschleunigungssensor, der bei Überfahren der blauen Platte die Vertikalbewegung des Wagens über die Zeit aufträgt. Das Team von BRT kann anhand der Kurven sehen, ob die Dämpfer auf Zug und Druckstufe angemessen schnell und harmonisch funktionieren (ob der Wagen schnell in seine Ausgangslage zurückfindet). Auch die Eigenfederung der Reifen ist im Diagramm sichtbar, sogar stark ausgeschlagene Achskomponenten erkennbar...
2. Der Tausch der korrodierten und defekten Achslager nahm den ganzen ersten Tag voll in Anspruch. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Also wer nach so einer Strafarbeit noch Agressionen hat, dem kann man nicht mehr helfen...
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Nach und nach wurden mal mit mehr oder weniger Aufwand an beiden Achsen alle Buchsen gegen PU Buchsen getauscht. Die verbauten Unbiallager hatten noch kein Spiel.
HA vorher:
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HA nachher:
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Die beiden Serien-Domlager hatte ich zwar getauscht in 2012, aber die waren beide durch und hatten ca. 1mm Spiel in alle Richtungen. Kein Wunder, dass mein Wagen auf der Vorderachse so klackerte beim Überfahren von Absätzen, wie z.B. beim Einparken in die Hofeinfahrt. Aber ich hatte ja sowieso geplant, die BRT Domlager einbauen zu lassen, damit ich den Sturz bekomme, der endlich dem Untersteuern der viel zu sanften Serieneinstellung endgültig ein Ende bereiten sollte.
BRT-Domlager für verschiedene Fahrzeuge (Quelle: BRT Website)
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Auf dem Dämpfer
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3. Alleine im Karton macht das Fahrwerk echt was her. Und die Gold eloxierte Verstellbuchse für die Hinterachse ist eigentlich eher ein Stiftehalter für den Schreibtisch und viel zu schade, um unters Auto zu wandern:
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Der Einbau des Fahrwerks ging dann relativ einfach, nur der Abbau der Innenverkleidung beim Touring ist ein Murks da oben rund um die Gurthalterung und so....
Es ist zwar von Öhlins vorgesehen, in die Innenverkleidung im Kofferraum je ein Loch zu machen, und dann mittels aufgeschraubter Verlängerung ein Drehrädchen für die 30-fache Dämpferverstellung nach innen rausstehen zu lassen. Aber wir haben das weggelassen. Man kann hinter dem breiten Gummihalteband jeweils einen kleinen Ausschnitt in die Verkleidung sägen, durch den man das Drehrädchen für die Dämpfereinstellung direkt erreichen kann. Das Loch wird durch das Gummiband abgedeckt und man reißt das sonst hervorsthende Einstellrädchen auch nicht gleich ab, wenn mal ein Wasserkasten hinten hin und herrutscht.
An der Vorderachse gingen die Konuspassungen der ausgeschlagenen Spurstangen gut auf. Alles neu macht hier der Mai. Die Kombi an Bremsscheiben und Belägen hatte ich mir in einem kurzen Telefonat mit Ralf Schmitz (at-rs.de) bestellt und am Wochenende vorher neu gemacht.
Die Tarox Scheibe habe ich gleich mit eintragen lassen, und die Stahlflex von Spiegler hatte ich leider zuhause liegen lassen. Die muss ich dann mal bei einer Inspektion mitmachen lassen. Aber auch ohne die Spieglerleitungen greift die Bremse etwas bissiger zu und hat mehr Reserven, was ich auf der nächtlichen Heimfahrt gleich mal wegen eines ausscherenden LKWs testen musste....
VA vorher:
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VA nachher:
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Der Prüfer kam dann nicht wie geplant gegen 16:00 Uhr, sondern erst so gegen halb 7. Die Abahme selbst bereitete keine Probleme. Es wurden auf der VA 11er Spurplatten verbaut von ST (KW). Auf der HA wurden zunächst auch 11er Platten verbaut, aber die wollte der Prüfer zu recht nicht eintragen. Der Reifen schliff beim Einfedern am hinteren, oberen Drittel des Kotflügels und der Wagen federte deshalb nicht komplett ein trotz verschränkter Achsen.
Wir haben dann die Platte hinten ganz rausgenommen, weil die 5er Platte komischerweise nicht mit der Mittenzentrierung auf die Nabe passte. (Durchmesser zu klein). Aber so wie der Wagen jetzt dasteht, muss man hinten eigentlich keine Platte verbauen. Deswegen fahre ich bestimmt nicht nochmal extra zum TÜV.
Im Folgenden ein paar Bilder der "Entwicklungsstufen" bis zum alltagstauglichen und meinem Geschmack nach klasse "Stance" des Wagens. Die ZP-ten machen echt ein schöneres Auto aus dem e91.
Erste Felgen-passtest mit den Bilstein / Eibach Komponenten (gleiche Tiefe wie M-Fahrwerk)
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Hier mit Öhlins (Einstellung wie von Öhlins vorgegeben), Platten vorne und hinten je 11mm
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Hier mit Öhlins Platten nur noch vorne 11mm
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Hier kann man ganz gut den Sturz auf der VA erkennen:
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Die Einstellung des Fahrwerks war aus meiner Sicht gesehen relativ unspektakulär, weil ich zwecks Berücksichtigung des Fahrergewichtes am Steuer Platz nehmen sollte. Neben Nachlauf, Spur und Sturz wurde zugleich die Gewichtsverteilung geprüft und per Radlastwagen fein ausbalanciert. Gegen 20:30 konnte ich nach zwei Tagen Schrauben die 3 1/2 Stunden Heimreise antreten.
Klar, man muss letzendlich schon tief in die Tasche greifen für ein Gesamtpaket, so wie ich es habe verbauen lassen. Aber man bekommt für sein Geld nicht nur die Teile und die Arbeit; der für mich eigentliche Wert von BRT liegt in der Erfahrung mit BMW-Fahrwerken im Rennsport und in der Serie (die Schwächen der Serienabstimmungen). BRT hat zumindest für mich ein top Paket geschnürt. Und es stimmt sogar die Optik!
Ich hätte nicht gedacht, dass ein Fahrwerk so sanft auch derbe Schläge abfängt, und gleichzeitig der Wagen mit wenig Seitenneigung straff und sicher auf der Strasse liegt. Teil 2 mit Fahreindrücken folgt in ein paar Wochen.
Bis dahin möchte ich mich bei Familie Rehwald und Kollegen nochmal für den tollen Job bedanken!