Total von der Rolle? Fakten zur Leistungsmessung!

  • Total von der Rolle?
    Fakten zur Leistungsmessung!


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    Wie viele PS hat der wohl?“


    Manche werden sich diese Frage schon gestellt haben, während sie den Blick wohlwollend über einen M Hochleistungsmotor haben streichen lassen.



    Der Blick in die Verkaufsunterlagen oder die Zulassungspapiere offenbart die „Nennleistung“– gemäß Gesetzgeber anzugeben in Kilowatt (kW). Die Umrechnung in die gewohnten „Pferdestärken“ ist einfach, wenn auch wenig kopfrechengeeignet: ein kW entspricht 1,3596216 PS. Sehen wir beim BMW M3 nach, finden wir: 309 kW, was 420 PS ergibt.




    „In die Prospekte schreiben können sie viel“, sagt dazu manche Stimme am Stammtisch. „Aber in Wirklichkeit ist es doch so, dass….“ „In Internetforen liest man, dass …“ Auch in der M Power World war zuletzt deutlich zu spüren, wie sehr das Thema die Gemüter bewegt. Also haben wir uns aufgemacht und recherchiert, um Licht ins Halbdunkel zu bringen. Bitte anschnallen, es wird ein wenig technisch…



    Die Messung der in den Zulassungspapieren angegebenen Leistung erfolgt in einem europaweit gesetzlich festgelegten Messverfahren (EWG 80/1269), das so für alle Fahrzeughersteller verbindlich ist. Dabei vermisst man den Motor auf einem Prüfstand unter genau festgelegten Rahmenbedingungen. Der Hersteller verpflichtet sich, dass alle ausgelieferten Motoren die in dieser Typprüfung spezifizierte Nennleistung mit einer Toleranz von +/- 5% erreichen. Dies sicherzustellen, ist ein wichtiges Ziel bereits bei der Entwicklung und natürlich auch bei der nachfolgenden Fertigung des Motors.



    Und die Einhaltung dieses Ziels wird strikt kontrolliert. Jedes M Hochleistungstriebwerk kommt vor dem Einbau ins Fahrzeug auf einen Prüfstand, um die ordnungsgemäße Funktion abzusichern.


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    Motorenheissprüfstand im Sondermotorenbau des Werkes München der BMW AG. Ein Muss für jeden M Hochleistungsmotor.


    Darüber hinaus werden Motoren stichprobenartig komplett auf dem Leistungsprüfstand vermessen. Ein Blick auf diese Ergebnisse zeigt übrigens, dass die gemessene Leistung deutlich weniger um den Wert der Nennleistung variiert, als es das genannte Toleranzband eigentlich zulassen würde.


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    Motorenleistungsprüfstand im Sondermotorenbau des Werkes München der BMW AG. Hunderte von BMW M Hochleistungsmotoren werden jedes Jahr auf's Genaueste vermessen.
    „Ich möchte es genau wissen“, sagt sich dennoch mancher stolze Besitzer eines BMW M Automobils und macht sich mit seinem Fahrzeug auf den Weg zu einer Leistungsmessung.
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    Der Ausbau des Motors wird – schon aus Kostengründen - für die meisten nicht in Frage kommen und ein Motorenleistungsprüfstand ist ja auch nicht immer zu Hand… Aber ein Rollenprüfstand liegt in der Nähe. Kurz hingefahren und schon hat man das Messprotokoll in Händen. Auf die Kommastelle scheinbar genau wird die Leistung ausgewiesen. Je nach Ergebnis überwiegt Freude - oder Ärger. In diesem Fall ist der Weg zum Händler nicht weit, das Messprotokoll schnell auf den Tisch gelegt und die „fehlende“ Listung eingefordert. Der Einwand des BMW Servicemitarbeiters, das Messen der Motorleistung auf Rollenprüfständen führe oft zu falschen Ergebnissen, klingt da schnell wie eine Ausrede. Aber: er hat recht.


    Ein Rollenprüfstand kann die maximale sogenannte Radleistung eines BMW M Automobils messen - ein guter sogar relativ exakt, wenn eine Vielzahl von Vorgaben akribisch eingehalten werden: Fehlerspeicher der Motorsteuerung leer, Treibstoff Super Plus mit mindestens ROZ98 seit mindestens 30 Minuten Fahrzeit, Motor eingefahren und betriebswarm (korrekte Temperatur von Öl und Kühlmittel), DSC ausgeschaltet, Power Taste gedrückt, Batterie geladen, Klimaanlage ausgeschaltet. Und der Motorölstand beträgt knapp 50% bei mindestens halb gefülltem Tank, das Lenkrad wird nicht bewegt, keine Auslösung des Drehzahlbegrenzers, korrekter Gang (je nach Getriebe), Außentemperatur und Luftdruck sind im erlaubten Bereich und die Messung erfolgt mindestens bis Nenndrehzahl. Besonders wichtig: eine geschwindigkeitsabhängige, ausreichende und gleichmäßige Kühlung der gesamten Kühlerfläche, der Motoransaugung und der Abgasanlage (bei 250 km/h Fahrgeschwindigkeit wird die gesamte Stirnfläche eines BMW M3 von mehr als ca. 150.000 Liter Frischluft angeströmt – pro Sekunde!). Werden die Vorgaben auch nur teilweise nicht eingehalten, kann es u.a. zur Auslösung von Bauteilschutzfunktionen durch die Motorsteuerung kommen.
    Gemessen wird auf diese Weise jedoch die von den Antriebsrädern auf die Rolle übertragene Leistung - und nicht die eigentlich gefragte Motorleistung an der Kurbelwelle.
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    Viel Technik zwischen Motor und Antriebsrädern.



    Und jetzt wird’s schwierig: Denn es kommt, technisch bedingt, bei weitem nicht die gesamte Leistung des Motors auch am Rad an. Zwar erfolgt auf den Rollenprüfständen eine Messung der sogenannten Schleppleistung (der Motor wird dabei ausgekuppelt und u.a. die sich drehenden Rollen des Prüfstand durch das Fahrzeug wieder abgebremst), bei der versucht wird, diese Verluste näherungsweise zu messen, um sie zur Radleistung zu addieren. Hier steckt aber ein grundsätzliches Problem: Viele der Verluste sind prozentual abhängig von der zugeführten Leistung, können also auf diese Weise gar nicht korrekt bestimmt werden.



    Sehen wir uns mal im Einzelnen an, wo die Leistungsdifferenz zwischen gemessener Radleistung und tatsächlicher Motorleistung in der Praxis herrührt.


    Bewegen wir uns von der Rolle des Prüfstands Richtung Motor. Der Schlupfleistungsverlust ergibt sich aus der Tatsache, dass das Antriebsrad auf dem Untergrund leicht „durchrutscht“. Dies ist während eines Beschleunigungsvorgangs stets der Fall, auch wenn die Traktion grundsätzlich gut ist. Verstärkt wird dieser Effekt bei kleinen Rollen noch durch die hier stark gekrümmte Aufstandsfläche, was nebenbei zusätzlich zu einer starken Biegebelastung der Reifenkarkasse führt. Die Reifen können im Einzelfall dabei so stark belastet werden, dass sie aus Sicherheitsaspekten nicht mehr für den normalen Einsatz im Straßenverkehr geeignet sind.


    Die Kompensation von der Norm abweichender Werte von Ansauglufttemperatur und atmosphärischem Druck erfolgt einfach rechnerisch. Von diesen Parametern ist die tatsächlich zur Verfügung stehende Motorleistung stets abhängig: die sogenannte Füllung (d.h. der vom Motor angesaugte Luftmassenstrom) verbessert sich bei steigendem Luftdruck und niedrigerer Ansaugtemperatur aufgrund der Luftdichteerhöhung.


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    M DKG Drivelogic Getriebe.



    Die Verluste in Antriebsstrang und Getriebe sind jedoch prozentual abhängig von der Höhe der zugeführten Leistung. Je höher die zugeführte Leistung, desto höher die Verluste. Hier muss also ein Verfahren wie die Messung der Schleppleistung, das bei abgekoppeltem Motor (und damit ohne von dieser Seite zugeführte Leistung) misst, grundsätzlich versagen.



    Darüber hinaus gilt es noch Zusatzaggregate in die Berechnung einzubeziehen wie z.B. Lenkhilfepumpe, Klimakompressor und die Ladeleistung der Lichtmaschine.



    Sollen Leistungsmessungen auf Rollenprüfständen zum Nachweis der Motorleistung an der Kurbelwelle genutzt werden, kann dies seriös nicht durch die Addition der am Prüfstand im Schleppbetrieb gemessenen Verlustleistung zur gemessenen Radleistung erfolgen.



    Für die Berechnung der tatsächlichen Verlustleistung müssen detaillierte Kenntnisse über den Aufbau des Fahrzeuges vorliegen, wie sie im Normalfall nur dem Fahrzeughersteller zur Verfügung stehen. Nur dann kann in sinnvoller Weise aus der gemessenen Radleistung auf die Motorleistung geschlossen werden, wie sie sich auf dem Motorleistungsprüfstand verifizieren lässt.


    Da ist es gut zu wissen, dass die im Produktionsprozess des Sondermotorenbaus der BMW AG laufenden zyklischen Qualitäts- und Funktionsprüfungen – unter anderem unterstützt durch den obligatorischen Einsatz von Motorprüfständen - einen gleichbleibenden Standard der produzierten M Hochleistungstriebwerke garantieren. Auch und gerade in Bezug auf die versprochene Leistung.


    Für unvergleichliche Fahrdynamik in jedem BMW M Automobil.

  • wieviel PS wühlen denn am Rad eines neuen M3????

  • Schöner Bericht und ich muss mich da anschließen, was der Prüfstand auf dem ich war für nen Mist gemessen hat, vor allem beim Drehmoment...da brauch keine Sau nen Prüfstand! (war nen relativ moderner MAHA 3000)

  • wieviel PS wühlen denn am Rad eines neuen M3????


    würde mich auch interessieren :)

    Es gibt keine trockene Theorie, nur trockene Theoretiker.

  • Ich möchte hier weder eine neue Diskussion um 335i oder M3 entfachen, noch irgendwelche Leute vor den Kopf stoßen!
    Mir ging es nur einmal darum zwei Punkte aufzuzeigen:
    1. Die Fabelgeschichten, dass alle M3 die versprochenen 420 PS nicht erreichen, sondern max. 360 PS...und
    2. welche Wertigkeit die Fabelwerte mancher 335-Chipper haben und wie man deren Aussagen einzuordnen hat!


    Denn wenn man denen Glauben schenken sollte, dann...
    ...haben alle mind. 400 PS- natürlich absolut standfest- und stemmen 600 Nm ohne Probleme an die Kurbelwelle...
    ...und das nur, weil BMW den 335i auf 306 PS "kastriert" hat, damit er dem M3 nicht zu Nahe kommt- hat ja auch der Mann von Tuningfirma XY bestätigt!!!! :D:D:D


    Kleine Info am Rande:
    Glauben diese "Experten" denn wirklich, BMW würde nicht anonym auch diese Tuner testen?
    Jüngstes Beispiel: Da wurde ein- in der Tunerszene der 335er sehr renomierter- Chip-Steigerer getestet und von dem die 401-PS-Version aufgespielt....dazu dann noch alle von ihm vorgegeben Änderungen an der Hardware...
    Die Leistungsmessung auf dem Rollenprüfstand des Tuners versprach dann auch noch sagenhafte 411 PS!!!!!!!!!!!!!!!!!!!


    Zurück im Werk wurde der Motor ausgebaut und das Triebwerk direkt an den Prüfstand angeschlossen- halt um ein EHRLICHES Ergebnis zu erzielen....und die Standfestigkeit zu testen!
    Ergebnis ist recht einfach berichtet:
    Der Motor leistet keine 411 PS, sondern "nur" 368 PS und nach 14.000 km Prüfstand hatte man einen Kapitalen Motorschaden...


    ...und um die Laufleistung mal zu relativieren:
    Der Serien-335i und auch der M3 schaffen hier 100.000 km ohne geringste Verschleißerscheinungen ;)



    ...und nun erzählt was Ihr wollt- ich bin dann weg... CU

  • Zurück im Werk wurde der Motor ausgebaut und das Triebwerk direkt an den Prüfstand angeschlossen- halt um ein EHRLICHES Ergebnis zu erzielen....und die Standfestigkeit zu testen!
    Ergebnis ist recht einfach berichtet:
    Der Motor leistet keine 411 PS, sondern "nur" 368 PS und nach 14.000 km Prüfstand hatte man einen Kapitalen Motorschaden...

    Tja der Witz an der Sache ist ja auch, was die meisten Tuner und Chiptuningfanatiker als "Standfest" betrachten ist in der Industrie nichts wert. Dort bedeutet Standfest etwas ganz anderes! Dazu gehört auch Dauervollgasfestigkeit, das überlebt kein gechippter Motor nach Industrienorm! Kein Wunder warum die hochbezahlten OEM's immer ab Werk so unausgereizte Motoren mit extremer Luft nach oben anbieten :totlachen:

    Wen Gott strafen wollte, den versah er mit Verstand...
    Geduld ist die Kunst, nur langsam wütend zu werden!